Nagra-Geologe berichtet über die Aufzeitbohrungen

    In den Standortgebieten Jura Ost, Zürich Nordost und Nördlich Lägern wurden zwischen 2015 und 2017 3D-Seismik-Messungen durchgeführt. In jedem Messgebiet (Seismikperimeter) wurde dann der Einfluss von Lockergesteinen auf die 3D-Seismik-Messungen bestimmt. Dies erfolgte mittels Aufzeitmessungen in sogenannten Aufzeitbohrungen. Dazu ein Gespräch mit dem Nagra-Geologen Herfried Madritsch.

    (Bilder: Nagra) Nagra-Geologe Herfried Madritsch war für die Aufzeitbohrungen und -messungen in Jura Ost und Zürich Nordost verantwortlich.

    Herfried Madritsch, weswegen haben Sie nicht in allen Standortgebieten gleich viele Aufzeitbohrungen gemacht?
    Von den total 22 Aufzeitmessungen haben wir drei in Jura Ost, sieben in Zürich Nordost und zwölf in Nördlich Lägern abgeteuft. Die letzten Aufzeitbohrungen in Nördlich Lägern werden in den nächsten Tagen beendet. Die Anzahl richtet sich nach den geologischen Verhältnissen und der Grösse des jeweiligen Seismikperimeters. Im Gebiet Zürich Nordost und Nördlich Lägern sind Lockergesteine weiter verbreitet als in Jura Ost, wo sich mächtigere Lockergesteinsablagerungen auf das Aaretal östlich des eigentlichen Standortgebiets beschränken. Somit waren für die 3D-Seismik in Jura Ost weniger Aufzeitbohrungen notwendig als in den anderen Standortgebieten. Da der Seismikperimeter in Zürich Nordost viel kleiner als jener in Nördlich Lägern war, wurden in Zürich Nordost weniger Aufzeitmessungen benötigt. In Zürich Nordost wurde bereits Jahre zuvor eine grosse 3D-Seismik-Kampagne inklusive Aufzeitmessungen durchgeführt.

    Mit einer Sonde im Bohrloch der Aufzeitbohrung werden seismische Schwingungen aufgefangen, die an der Erdoberfläche mit einem Fallgewicht erzeugt werden.

    Was sind die Herausforderungen beim Bohren in Lockergesteinen?
    Lokal bestehen grosse Unterschiede bezüglich Mächtigkeit und Zusammensetzung der Ablagerungen von Lockergesteinen. Dies erschwert geologische Prognosen und die Planung einer Bohrung. Lockergesteine sind häufig nicht verfestigt und können so bohrtechnisch anspruchsvoll sein. Die Stabilität eines Bohrlochs kann unter Umständen gering sein. Oftmals führen Lockergesteine auch Grundwasser, was wir berücksichtigen müssen. Zudem verursachen gewisse Lockergesteine wie grobe Schotter einen grossen Verschleiss des Bohrmaterials wie der Bohrkrone. Bohrlöcher zur Erkundung dieser oberflächennahen Sedimente sind zwar nicht riesig tief, haben es aber unter Umständen in sich. Wir setzen deshalb vorsorglich eine Schutzverrohrung oder eine spezielle Bohrspülung zur Stabilisierung solcher Bohrlöcher ein.

    Demnächst charakterisiert die Nagra Lockergesteine mit Quartärbohrungen. Weshalb braucht es neben den Aufzeitbohrungen noch weitere Bohrungen?
    Aufzeitbohrungen und Quartärbohrungen verfolgen verschiedene Ziele. Bei den Aufzeitbohrungen erhalten wir mit einer Bohrlochsonde geophysikalische Messdaten zur Kalibrierung der 3D-Seismik-Messungen. Das Lockergestein wird beim Erstellen des Aufzeitbohrlochs zermahlen und an die Erdoberfläche gespült. Eine detaillierte Analyse der Sedimente ist zwar so nicht möglich, aber man erhält trotzdem Informationen beispielsweise zur Mächtigkeit der durchbohrten Lockergesteinsschicht. Bei den Quartärbohrungen hingegen werden Sedimente geologisch analysiert, um Aussagen zur Erosionsgeschichte abzuleiten. Dazu müssen Bohrkerne entnommen und detailliert beschrieben werden. Das ist nur möglich, wenn mit einem speziellen Kernrohr gebohrt wird, was bohrtechnisch viel aufwändiger ist. Der wichtigste Unterschied liegt aber bei den Standorten: Aufzeitbohrungen werden ausschliesslich innerhalb der Seismikperimeter durchgeführt. Quartärbohrungen werden gezielt dort gemacht, wo wir eine maximale Aussagekraft erwarten, um die Erosionsgeschichte zu rekonstruieren. Diese Standorte liegen nicht zwingend im Bereich der Seismikperimeter und unter Umständen sogar ausserhalb der geologischen Standortgebiete.

    Beitrag aus dem Nagra-Blog www.nagra-blog.ch
    von Benedikt Galliker

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